“We fact check your ass” – die Synthese stammt aus den Anfängen des Blogging. So genannte “Fact-Checking-Plattformen” strafen Falschaussagen öffentlich Lügen und avancieren so zum vielversprechenden Journalismus-Werkzeug.
Es genügt nicht, dass Produkte, Plattformen und Geisteshaltungen ständig “versioniert werden” – nicht nur das Web per se so wie iPad und Smartphone sollten zumindest quartalsmässig vom neuesten Auslieferungsband rollen, um akzeptiert zu sein – auch die Berufe werden ständig erneuert. Innovationen sind gut und notwendig, nur manchmal fragt man sich, ob die Notwendigkeit der Erneuerung sich an den wirklich wichtigen Parametern misst.
Ob die neu gepriesene Transparenz tatsächlich auch “die neue Objektivität” darstellt, die von ernstzunehmenden Qualitäts-Medienmachern gefordert wird, bleibt nämlich leider offen. Bei all den unbestrittenen Vorteilen, die die digitale Welt mit sich bringt, ist etwa die Wahrheit schwer zu automatisieren. So wirft auch Tatjana Rauth in ihrem Standard-Artikel “Digitales Fact-Checking verändert Journalismus” einige wichtige Fragen auf: “…Bevor Fact-Checking in den Alltag jedes digitalen Zeitungslesers Eingang findet, sind jedoch noch grundlegende Fragen zu klären: Wer definiert die Wahrheit und lässt bei Bedarf Raum für Diskussionen? Wie kann man mit statistischen Verzerrungen in Datensätzen und im Crowdsourcing selbst umgehen? Was passiert, wenn die Werkzeuge falsch eingesetzt werden? Wie werden die neuen Werkzeuge die Art verändern, wie Menschen Inhalte produzieren?…”
Ja, Medienmacher haben dieser Tage einiges zu hinterfragen. Nicht zuletzt den Anspruch an Qualität, der erschreckend gefährdet ist. Und immer wieder stellt sich die Frage Cui bono? Wem nützt es? (Auch gefragt im Club 2 zum Thema Aufdeckungsjournalismus).
Apropos Qualität und Journalismus: Ein weiteres brisantes Thema, das in der Medienbranche leider totgeschwiegen wird, weil sie selber betroffen ist, wird in dieser Falter-Story aufgeworfen: Die freien Sklaven der Medienbranche. Hier anzusetzen würde wohl viele andere Probleme auch lösen. Eine diesbezügliche Innovation wäre nicht nur für Journalisten willkommen, sondern auch für Medienkonsumenten. Cui bono? Fairness sowie Zeit für Recherche erzeugt Qualität und Akzeptanz für Medienmacher und -konsumenten. Sogar automatisch und doch ganz ohne digitale Hilfe.